01.06.2015
Nach allen Maßstäben, die wir anzulegen wissen, waren die beiden von STARK gemacht! geförderten Jahrgänge 2013 und 2014 des Jugend-Hackdays "Jugend hackt" volle Erfolge. Die Open Knowledge Foundation Deutschland wollte es genauer wissen und ließ das Projekt wissenschaftlich evaluieren. Wir veröffentlichen den im Medienpädagogik Praxis Blog unter Creative Commons geteilten Artikel von Paula Glaser und Daniel Seitz hier in voller Länge:
Die Förderung von Code-Literacy steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Das Projekt “Jugend hackt” nimmt sich dem Thema in Form eines “Jugend-Hackathons” seit 2013 an. Hier möchten wir die Evaluations-Ergebnisse [Befragung und Auswertung als open data] vorstellen und Hinweise für die Medienpädagogik geben.
Die Evaluation orientierte sich an den Zielen der Veranstaltung und überprüfte deren Realisierung mit Hilfe psychologischer Konstrukte. Im Folgenden werden deshalb die Ziele und dafür verwendeten Methoden kurz skizziert und mit den jeweiligen Evaluationsergebnissen verknüft.
Den Organisator/innen von Jugend hackt ist es wichtig, dass die Jugendlichen ihre Lern- und Arbeitsziele für das Wochenende während der Projektfindungsphase selbst definieren, am Ende steht meist ein Prototyp, der dann vor Publikum präsentiert wird. Durch die konkrete Realisierung eines Projekts und die positiven Rückmeldungen während der Präsentation werden Erfolgserlebnisse erzeugt.
Die Programmierbegeisterung wurde aus zwei verschiedenen Blickwinkeln untersucht. Zum einen wurden die Jugendlichen nach ihren Fähigkeiten zu konkreten Programmiersprachen gefragt (Skala von Vollprofi bis Anfänger). Zum anderen wurde die programmierbezogene Selbstwirksamkeit erhoben, also das Vertrauen in die eigenen Programmierfähigkeiten. Obwohl es nach Jugend hackt in beiden Fällen eine Tendenz nach oben gab, waren die Ergebnisse statistisch nicht signifikant.
Jugend hackt will einen Schutzraum für gleichgesinnte Jugendliche bieten. Da es flächendeckend bislang wenig Angebote für technikbegeisterte Jugendliche gibt, fehlen ihnen entscheidende Austauschplattformen. Eine häufige Rückmeldung der Teilnehmer/innen von Jugend hackt ist tatsächlich, dass sie hier endlich auf andere Jugendliche treffen, die genau so ticken, wie sie.
Untersucht wurde hier, ob die Jugendlichen nach Jugend hackt lieber mit Gleichgesinnten an einem Programmierprojekt bastelten, als davor und sich selbst kompetenter in dieser kooperativen Arbeitsweise einschätzen. Tatsächlich konnte durch die Evaluation eine signifikante Steigerung festgestellt werden.
Hier spielt das Zusammentreffen mit Mentor/innen und Gleichgesinnten eine entscheidende Rolle. Wie oben bereits beschrieben, werden die Jugendlichen mit ihrem technischen Interesse häufig alleine gelassen. Durch den Kontakt zu Gleichgesinnten und erwachsenen Mentor/innen, während (und auch nach) Jugend hackt, werden die Jugendlichen in ihrem Interesse bestärkt. Jugend hackt legt Wert darauf, den Fähigkeiten der Jugendlichen eine Bühne und damit auch öffentliche Sichtbarkeit zu bieten.
Auch dieses Ziel konnte durch die Evaluation bestätigt werden. Die Jugendlichen konnten sich nach Jugend hackt signifikant besser mit ihrer jeweiligen Vorstellung einer Programmiererin oder eines Programmierers identifizieren.
Die Strukturierung der Projektfindungsphase durch Themenräume zu Bereichen, wie Umwelt, Bildung, Überwachung, Gesellschaft oder Essen, sowie ein Fokus auf offene Daten, hilft den Jugendlichen Projekte zu gesellschaftlich relevanten Fragestellungen zu entwickeln. Zusätzlich werden durch Vorträge (2014 zum Beispiel Frank Rieger mit dem Thema: Die Ethik des Hackens) und Preiskategorien Schwerpunkte gesetzt.
Um herauszufinden, ob Jugend hackt die Jugendlichen für die gesellschaftliche Relevanz ihrer Fähigkeiten sensibilisiert, wurde die politische Wirksamkeit in Bezug auf Digitalpolitik untersucht, also das Vertrauen in die eigene Gestaltungsmacht innerhalb dieses politischen Themenfeldes. Obwohl sich nach der Veranstaltung auch hier eine Tendenz nach oben abzeichnete, war der Unterschied statistisch nicht signifikant.
Aus der Evaluation wird deutlich, dass der Ansatz, eines außerschulischen Angebots mit der Aufforderung, Gesellschaft positiv zu gestalten, funktionieren kann. Es scheint möglich, die von den Jugendlichen empfundene politische Selbstwirksamkeit positiv zu beeinflussen – und damit Motivation für eigenes politisches Handeln zu schaffen.
Jugend hackt wird 2015 an voraussichtlich fünf Orten stattfinden, unterstützt aber auch gerne mit Wissen und Methoden die Veranstaltung eigener Jugend-Hackathons. Alle aktuellen Infos findet Ihr immer auf www.jugendhackt.de.
Autor_innen:
Paula Glaser, Projektmanagerin Jugend hackt | @rinhia
Daniel Seitz, Medienpädagoge Jugend hackt | @sondala
Den Original-Artikel findet Ihr unter dem Titel "Code-Literacy-Förderung durch Jugend hackt" hier auf medienpaedagogik-praxis.de.
Disclaimer: Die Autor_innen sind auch Teil des Veranstaltungsteams von Jugend hackt. Das Projekt wurde in den Jahren 2013 und 2014 auch aus Mitteln des Landesprogramms "STARK gemacht! - Jugend nimmt Einfluss" gefördert.
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